18. Februar 2019 | Ein Treffen 39 Jahre später – Leben ist wirklich Veränderung!

1980. Bielefeld. Vor der Haustür wurde gerade eine Autobahn durch das Wohnviertel geschlagen. Im wahrsten Sinne, die Hausbesetzer gegenüber wurden nachts wirklich von der Polizei herausgeprügelt. Die Demos gegen Pershing Raketen, Atomkraftwerke und Umweltzerstörung waren an der Tagesordnung. Und hier auf dem Foto an der Autobahnbaustelle von 1980 sitzen zwei Frauen. Eine davon weiss es nur noch nicht wirklich. Noch mit Ideen im Kopf, was uns denn die Zukunft so bringt. Der Daniel wollte Lokführer werden. Irgendwas mit Technik. Und neben ihm sitzt Martina. Sie, die schon immer irgendwas mit Fotografie im Kopf hatte. Und wie an der Jutetasche zu sehen, auch eine Kämpferin war. So hatte Daniel die Martina in der 8. Klasse kennengelernt. Von der ersten Sekunde an kam ihm da eine Ausstrahlung, eine Selbstsicherheit und eine Flippigkeit, Spontanität entgegen. Und hat Daniel sehr tief beeindruckt. Dermaßen, dass dieses Bild sich lange Jahre in seinem Eingangsraster manifestierte. Er irgendwie eine Mischung von Hochachtung, Schwärmerei und trotzdem Distanz hatte. Mit Abstand denkt die heutige Dana, das Martina die Eigenschaften besaß, die tief in Daniel waren, aber eben nicht raus konnten oder durften. Und es hat Daniels / Danas Beziehungen danach noch geprägt. Denn starke Frauen ziehen Dana bis heute an.

2019 – 18. Februar – Siegburg. Wir trafen uns wieder. Bekamen endlich einmal einen Termin auf die Reihe. So eingebunden ist unser Leben heute. Ein Treffen nach nun 39 Jahren. Aus dem Daniel von damals ist nun eine sichtbare Frau mit Ausstrahlung geworden. Dana. Stärke. Selbstbewusstsein. Präsenz. Das alles, was ich damals nicht verkörperte. Und das konnte ich endlich einmal Martina erzählen. Die mir immer noch mit der gleichen Freude entgegenkam. Das ansteckende Lachen, die leicht burschikose Art. Es ist echt lang her, aber ich habe immer noch Reste in der Erinnerung an die alte Zeit. Wie wir gemeinsam zur Mensa an der Uni Bielefeld rübergingen. Mittagessen. Quatschen. Ja, damals habe ich mich nur bei den Mädels wohlgefühlt, warum nur? Und was ist aus uns geworden? Sie war lange Jahre selbstständig im Bereich der Fotografie. Ist ihrer Leidenschaft nachgegangen. Heute Mutter von drei Kindern, die Silberhochzeit steht demnächst an. Ich dachte, sie geht in die Politik und wird eine Kämpferin am Pult. Aber so war es eben nicht. Die Autobahn ist nie zuende gebaut worden, ich fuhr mit meinem Elektroauto in der Woche drüber. Pershings sind abgezogen, der Atomausstieg beschlossen und ein Verbot von Plastiktaschen ist in Sicht. Unser Müll wird getrennt. Und ich bin auch kein Lokführerin geworden. Das Film- und Radiostudio sowie das Fotolabor in der Schule hinterließen bei mir wohl einen Eindruck für meinen beruflichen Werdegang. So ist eben das Leben, es ist nicht planbar und kommt doch anders. Aber es fühlt sich richtig an. Martina sagte, sie ist zufrieden. Und das stimmt. Ich finde es sogar erstrebenswerter als nur glücklich zu sein. Denn, so Martina, Glück ist schnell vergänglich. Zufriedenheit hält länger an. Ich bin gespannt, wo wir in 15 oder 20 Jahren sind.